Montag, 19. September 2011

Gleiche Arbeit! Gleicher Lohn?

Punktwerte in BEMA und GOZ

So manches Mal hört man, daß Zahnärzte (oder auch Ärzte) mit dem Faktor z.B. 2,3 der GOZ (der GOÄ) das 2,3 fache der Kassenleistung erhielten!
Das ist falsch, wie ich schon mehrfach ausgeführt habe!

Was die meisten Versicherten nicht wissen, nicht nur gibt es in der BEMA, also der Gebührenordnung für gesetzlich Versicherte, unterschiedliche Punktwerte zwischen verschiedenen Kassengruppen/Kostenträgern, sondern auch innerhalb der BEMA zwischen konservierend/chirurgischen, kieferorthopädischen, prothetischen (Zahnersatz) Leistungen.

Derzeit aktuell: (Stand 27.4.2011) Link zum pdf-Dokument
Primärkassen (Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen,
Innungskrankenkassen, BIG Gesundheit, Landw. Krankenkassen und Knappschaft)
für Kons./Chir. (KCH), Kieferbruch (KB) und Parodontologie (PAR): € 0,8699
für Individualprophylaxe (IP) und Früherkennungsuntersuchungen (FU): € 0,8760
für Zahnersatz (ZE): € 0,7620
pro Punkt.

Ersatzkassen (vdek (DAK, KKH-Allianz, HEK, hkk), Barmer GEK, TK)
für Kons./Chir. (KCH), Kieferbruch (KB) und Parodontologie (PAR): € 0,9385 (außer TK € 0,9318)
für Individualprophylaxe (IP) und Früherkennungsuntersuchungen (FU): € 0,9156
für Zahnersatz (ZE): € 0,7620
pro Punkt.

Der Punktwert für Zahnersatz gilt bundesweit für alle Kassen, außer für Kostenträger wie Bundeswehr, Bundespolizei und Zivildienst!

Interessant ist auch, daß der Zahnarzt nicht immer für die gleiche Arbeit auch das gleiche Geld (abhängig von der Kasse) erhält, sondern nach dem Punktwert z.B. für KCH, ein andermal nach dem für ZE bezahlt wird!

Ein Beispiel:

Einfache Injektion (Spritze): BEMA-Position 40, Kürzel I, Punktzahl 8
Gebe ich die Injektion zur Betäubung für eine Füllung, gibt es dafür von den

Primärkassen: 8 Punkte mal Punktwert KCH (8 mal 0,8699 €) = 6,9592 €
Ersatzkassen: 8 Punkte mal Punktwert KCH (8 mal 0,9385 €) = 7,508 €

(Die Honorarunterschiede zwischen Primär- und Ersatzkassen sind historisch bedingt. Urprünglich waren die Primärkassen die Kassen für Arbeiter und die Ersatzkassen die für die (besser verdienenden) Angestellten, wodurch die Ersatzkassen eine bessere Versorgung erwarteten und dementsprechend etwas mehr zahlten.)

Gebe ich die gleiche Injektion aber zum Beschleifen eines Zahnes (z.B. wegen der Anfertigung einer Krone),
erhalte ich von beiden Kassengruppen 8 mal Punktwert ZE (8 mal 0,7620 €) = 6,096 €, also wesentlich weniger, obwohl es sich um die gleiche Arbeit handelt!

Zum Vergleich die GOZ:
Injektion, GOZ-Position 009, Punktzahl 60, Punktwert 0,0562 € (5,62 Cent)
bei Faktor 1: 60 mal 0,0562 € = 3,372 €
bei Faktor 2,3: 60 mal ,0562 € mal 2,3 = 7,7556 €
also nur rund 25 Cent mehr als bei den Ersatzkassen, und unabhängig ob für KCH oder ZE!

Dabei sollte man nicht vergessen, daß die 7,7556 € beim Faktor 2,3 der GOZ den Preis von 1988 darstellen (wie ich ja schon mehrfach ausführte)!
Was bedeutet, daß die gesetzlichen Kassen sogar noch das Honorar von vor 23 Jahren unterbieten, im Falle ZE sogar um gute 21%!

Wie war/ist noch mal der Slogan von Gewerkschaften, Parteien und neuerdings auch den ganzen Gendergruppen?
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“

Das obige ist jedenfalls ein gelungenes Beispiel für die NICHTeinhaltung dieser Forderung, ausgerechnet von jener Partei (tja, die SPD!) die sich diesen Slogan sonst so gerne umhängt!

Freitag, 16. September 2011

Betreff Herren Graalmann und Bahr

Über den Quatsch den Herr Graalmann von sich gab, habe ich ja schon geschrieben, und dann kam "Gesundheitsminister" Bahr mit seiner - ebenso bekloppten - Idee die Wartezeiten für GKV-Patienten mittels Vermittlung durch die Kassen, Zahlung der Behandlung durch die KV (nicht aus dem Budget!), plus einer "Vermittlungsgebühr" verkürzen zu wollen!

Den Begriff RLV (Regelleistungsvolumen) hat Herr Bahr anscheinend noch nie gehört, oder weiß damit - anders wohl als mit dem Begriff "Diäten" - nichts anzufangen!
Mittels RLV wird jeder Praxis pro Quartal eine Patientenzahl zugeordnet die behandelt werden darf, ohne daß dies Honorarkürzungen zur Folge hätte. Bei Überschreitung des RLV wird jede weitere Behandlung mit Abzug (-90%) bestraft!

Es ist wohl niemandem übel zu nehmen, unter solchen Voraussetzungen, die Zahl der Termine so einzuteilen, daß das RLV im Quartal möglichst nicht überschritten wird!
Oder wären Sie bereit für weniger Geld mehr zu arbeiten?

Und nun will Herr Bahr die Ärzte auch dafür bestrafen, wenn sie das RLV einhalten (wollen)!?
So frei nach dem Motto:
Hältst Du dich nicht an die Regeln wirst Du bestraft!
Hältst Du Dich an die Regeln wirst Du auch bestraft!

Dazu gab es einen treffenden Leserbrief einer augenärztlichen Kollegin in der NW vom 12.9.2011, den ich als Beleg für die Richtigkeit meiner Aussagen zitiere (und um zu zeigen wie die Stimmung unter den Ärzten ist):
Wartezeit durch Fehlentscheidung
Zu "Ärzte wehren sich gegen Sanktionen", Nr.207/2011:

Zu lange Wartezeiten auf einen Arzttermin können sofort drastisch abgekürzt werden, wenn Herr Bahr den sogenannten Deckel (begrenzte Patientenanzahl für jede Arztpraxis) lockern würde.
Jeder Arzt könnte dann wieder mehr Patienten im Quartal behandeln, ohne Sanktionen von der KV fürchten zu müssen.
Es könnten dann auch wieder mehr Termine an Patienten herausgegeben werden.
Die Ärzte als Faulpelze zu bezeichnen, ist unverfroren. Ich kenne keinen Kollegen, der bestraft wurde, weil er zu wenig Patienten behandelt hat, aber ich kenne einige, die bestraft wurden, weil sie zuviele Patienten behandelt haben.
Der Gesetzgeber sollte auch mal über eigene Fehlentscheidungen nachdenken und nicht immer die Ärzte als Sündenböcke hinstellen. Die müssen lediglich das tun, was er ihnen vorgibt.

Dr. med. Ingrid Triebe


Dem ist nichts hinzuzufügen!

Samstag, 3. September 2011

RP Online! Unfaßbar!

Da kann ich nicht anders als den ganzen Artikel zu zeigen!

Berlin
AOK: Praxisärzte arbeiten zu wenig
VON EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 03.09.2011 - 02:30 Berlin (RP). Der AOK-Bundesverband hat schwere Vorwürfe gegen die niedergelassenen Ärzte erhoben. "Momentan bekommen die Versicherten nicht genügend Leistungen für das, was sie Monat für Monat bezahlen", sagte der designierte AOK-Vorstandschef Jürgen Graalmann.

Eine Umfrage im Auftrag der AOK unter Praxis-Ärzten ergab, dass die Hausärzte wöchentlich 47 Stunden für Kassenpatienten, inklusive Verwaltungsarbeit und Hausbesuchen aufwenden. Bei den Fachärzten sind es der Umfrage zufolge nur 39 Stunden. Zur Berechnung des Honorars für die Ärzte würde aber ein Zeitaufwand von 51 Stunden pro Woche für die gesetzlich Versicherten zugrunde gelegt, bemängelte Graalmann.

Der künftige AOK-Chef forderte die Ärztevertreter auf, dafür zu sorgen, dass die vereinbarte und bezahlte Leistung für die Versicherten auch erbracht werde. Eine Kürzung der Honorare schloss er ausdrücklich aus. Die Ärzte wiesen die Vorwürfe als "Unverschämtheit" zurück. "Seit Jahren erbringen die rund 137 000 niedergelassenen Ärzte wesentlich mehr Leistungen, als sie bezahlt bekommen", sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler. Er wies auch darauf hin, dass die Ärzte nur verpflichtet seien, 20 Stunden Sprechzeit pro Woche anzubieten. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprach von "billiger Polemik".

Kassenmanager Graalmann argumentierte, zwischen 2007 und 2010 hätten die Praxis-Ärzte 4,6 Milliarden Euro zusätzlich an Honorar bekommen. Die Zahl der Ärzte sei zugleich um rund drei Prozent angewachsen. Dennoch seien die Wartezeiten für die Patienten gestiegen. Im Jahr 2006 mussten elf Prozent der Versicherten auf einen Facharzttermin warten. Mittlerweile treffe dies auf 20 Prozent der Versicherten zu.
Quelle: RP

Da kann man dem Kollegen Köhler nur zustimmen: Unverschämtheit!
Man kann aber auch was Positives daraus ziehen! :)
Denn, mit den Zahlen die Graalmann nennt:

das Hausärzte wöchentlich 47 Stunden für Kassenpatienten, inklusive Verwaltungsarbeit und Hausbesuchen aufwenden,


wie auch:


zur Berechnung des Honorars für die Ärzte würde aber ein Zeitaufwand von 51 Stunden pro Woche für die gesetzlich Versicherten zugrunde gelegt.

bestätigt er die Aussagen der Ärzte über eine wesentlich über die Arbeitszeit eines "normalen" Arbeitnehmers (liegt derzeit so zwischen 35-38 Wochenstunden) hinausgehende Arbeitszeit eines niedergelassenen Arztes und verrät, daß die kranken Kassen, die doch sonst immer über die "unmöglichen", krankmachenden, stressigen, etc. Arbeitsbedingungen der GK-Versicherten Arbeitnehmer klagen, sich gegenüber ihren "Partnern" (zumindest sollten sie das sein!) im Gesundheitssystem, wie Sklaventreiber gebärden! Das lasse man sich noch einmal auf der Zunge zergehen: für die Honorarberechnung werden (angeblich) 51 Wochenarbeitsstunden zugrunde gelegt, also die Erwartung, daß Ärzte mindestens 51 Stunden pro Woche ausschließlich für Kassenpatienten arbeiten!
Für Pauschalen - was anderes sind RLVs ja nicht - und überbordende Bürokratie (von Politik und Kassen gewollt)!
Man könnte wünschen der künftige AOK-Chef würde es niemals!
(Übrigens was "verdient" Herr Graalmann denn wohl so, und für welche Arbeitszeit? Bekommt er Spesen für "aushäusige" Termine/Kongresse, wie sieht es mit einem Dienstwagen aus, etc.?
Zum Vergleich! Der bisherige Chef des AOK-Bundesverbandes (Herbert Reichelt) erhielt [Zahlen von 2010] 170 000 € im Jahr plus eine Prämie von 20%! (= 34 000 €) Summa summarum 204 000€!!!!! Plus, soweit mir bekannt, Spesen, Dienstwagen, ....
Darunter wird es Herr Graalmann sicher NICHT tun!)

Und nun zu den, so ungeheuren, Steigerungen der ärztlichen Honorare von 2007-2010!
....zwischen 2007 und 2010 hätten die Praxis-Ärzte 4,6 Milliarden Euro zusätzlich an Honorar bekommen.

Hört sich viel an, ist es das aber auch? In Stern, Spiegel, Focus, Welt usw. wurde diese Summe mit einer Steigerung um 11% beziffert. Nun, 11% in 3 Jahren, macht 3,6% pro Jahr! Allerdings muß man die Mwst.-Erhöhung 2007 (von 16 auf 19%) abziehen!
Dann bleiben schon mal maximal 0,6% mehr Honorar für 2007 übrig (ja, ich weiß, sehr grob gerechnet!), was für die Summe der 3 Jahre nur noch eine Honorarerhöhung von 8% ergibt! Effektiv also durchschnittlich nur noch 2,6%! Und wie waren die Kostensteigerungen in diesen Jahren? Immer über 2,6%! Im Ergebnis de facto also eine Honorarsenkung!
Ach ja, Herr Graalmann erwähnt noch:
Die Zahl der Ärzte sei zugleich um rund drei Prozent angewachsen.

Also müssen diese 8% auch noch auf 3% mehr Ärzte verteilt werden, was selbst die Zahl von 2,6% Honorarerhöhung noch nach unten drückt!
Alles in Allem folglich nicht nur keine Erhöhung, sondern sogar ein Kürzung der Honorare!
So lügt sich die GKV die Zahlen zurecht!