Donnerstag, 23. Juli 2015

Hier drei Artikel aus der zm (zahnärztliche Mitteilungen) zu dem Thema unten:
Männerquote im Zahnmedizinstudium


zm online 17.7.2015
Statement

Plädoyer für die Männerquote




Mit seiner Forderung nach einer Männerquote für die Erstsemester im Fach Zahnmedizin erhitzt der FVDZ-Landesverband Niedersachsen gerade die Gemüter. Was sie sich davon verspricht, erklärt die Landesvorsitzende Annette Apel.
Mit 19 Ja-Stimmen bei 13 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen hat die Landesversammlung Niedersachsen des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) am 4. Juli in Bomlitz/Walsrode den Landesvorstand aufgefordert, „aktiv für die Einführung einer ‚Männerquote‘ bei der Vergabe von Studienplätzen der Zahnheilkunde zu werben“.
Zur Begründung des von zwei Kollegen und einer Kollegin aus dem Bezirk Braunschweig eingebrachten Antrages wird angeführt: "Durch die Art der Vergabe von Studienplätzen gibt es mittlerweile Studienjahrgänge mit 100 Prozent Frauenanteil."
In der Tat sind derzeit gut zwei Drittel der Zahnmedizinstudenten weiblich, Tendenz steigend. Der Grund liegt am hohen Numerus clausus, der, je nach Universität, in Deutschland zwischen 1,2 und 1,7 liegt. Da es weitaus mehr Bewerber als zu besetzende Studienplätze gibt, wird derjenige bevorzugt, der die bessere Abiturnote hat und das sind mehr weibliche als männliche Studienplatzbewerber. Weil das so ist, weichen viele männliche Studieninteressierte an ausländische Universitäten aus, um hier ihr Zahnmedizinstudium zu absolvieren.
Ob ein Student später ein guter Arzt oder Zahnarzt wird, ist nicht von der Abiturnote und nur bedingt von der Abschlussnote im Studienfach abhängig. Die Qualität der Mediziner bemisst sich neben dem fachlichen Können auch am Einfühlungsvermögen in die Situation des Patienten, am Umgang mit den Menschen, an den sogenannten „weichen Faktoren“ oder auch Social Skills, also der sozialen Kompetenz.

"Diese Feststellung ist nicht frauenfeindlich, sondern beschreibt eine Tatsache."

Welche Folgen hat es für den Bereich der zahnmedizinischen Versorgung, wenn immer mehr Frauen den Beruf ergreifen? Für viele Frauen steht nach Studienende und einigen Berufsjahren das Thema Familie und Kinder ganz oben auf der Agenda. Diese Feststellung ist nicht frauenfeindlich, sondern beschreibt eine Tatsache. Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel in unserer Gesellschaft ist es zu begrüßen, wenn mehr Kinder geboren werden.
Während der Schwangerschaft sind viele werdende Mütter in ihrer Berufsausübung zwangsläufig eingeschränkt, während der Zeit vor und nach der Niederkunft über ein Vierteljahr lang gar nicht beruflich tätig. Viele Zahnärztinnen streben für die ersten Jahre der Kindererziehung nur eine Teilzeitbeschäftigung an, um dann möglicherweise in späteren Jahren wieder ganztags in den Berufsalltag einzusteigen.
In eigener Praxis ist ein solches Lebens- und Arbeitsmodell aber nicht zu realisieren, zu groß sind die wirtschaftlichen Probleme, die dies mit sich bringt. Bei einem größeren Frauenanteil unter den Zahnärzten wird die Zahl der freiberuflich selbstständig tätigen Zahnärzte zwangsläufig sinken, die der angestellten Zahnärzte sich erhöhen. Darauf müssen sich unsere Gesellschaft, die Gesundheitspolitik, aber auch die zahnärztlichen Organisationen einstellen und Optionen erarbeiten, wie unter diesen Gegebenheiten eine bestmögliche und umfassende Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden kann.

"Eine Männerquote bei der Vergabe von Studienplätzen ist natürlich nicht die Lösung des Problems."

Eine Männerquote bei der Vergabe von Studienplätzen ist natürlich nicht die Lösung des Problems. Genauso wenig wie eine Frauenquote in anderen Bereichen die dort bestehenden Probleme lösen kann. Die Diskussion darüber, und die ist jetzt entbrannt, und die Diskussion über die Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung in der Zukunft mag aber die Probleme, die vor uns liegen, deutlich machen und zu einer Lösung beitragen. Diese Diskussion muss auch im Freien Verband geführt werden. Dafür haben die drei Antragsteller in der Landesversammlung des Landesverbandes Niedersachsen mit ihrem "Männerquoten"-Antrag einen wichtigen Beitrag geleistet.
http://www.zm-online.de/blogs/statement/Plaedoyer-fuer-die-Maennerquote_299100.html


zm online 20.7.2015
Politik

Männerquote findet keinen Zuspruch

Mit seiner Forderung nach einer Männerquote für den zahnmedizinischen Nachwuchs steht der FVDZ-Landesverband Niedersachsen ziemlich alleine da.
Nachdem der FVDZ-Landesverband Niedersachsen jüngst eine Männerquote für die Erstsemester Zahnmedizin gefordert hat (siehe Statement der Landesvorsitzenden Annette Apel), reicht das Echo von unaufgeregten Einordnungen bis zu Skandalisierungen.

"Quotenregelungen im Studium sind nicht zielführend!"

Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, wies die Forderungen mit den Worten zurück, die Kammer halte Quotenregelungen im Studium für nicht zielführend. Während das Thema in sozialen Medien von jungen Zahnmedizinern kontrovers diskutiert wird, bewertet die Ärzte Zeitung den Vorstoß als gut hörbaren PR-Gag.
Das Zahnärztinnen-Forum Dentista e. V. bezeichnete die Äußerungen in einem Interview wiederum als "Affront gegenüber den Kolleginnen". Dass sich ein Landesverband und unerfahrener Vorstand in Ton- und Wortwahl vergreife, sei die eine Sache, heißt es, "dass der Bundesvorstand diese Positionen auch zwei Tage nach Veröffentlichung noch unwidersprochen stehen ließ, eine andere".

Kolleginnen nicht als unfähig und unprofessionell darstellen

Dentista ruft den Bundesvorstand des FVDZ nun dazu auf, sich von den Äußerungen seitens des Landesverbandes zu distanzieren und "konzertiert mit dem gesamten Berufsstand für bessere Rahmenbedingungen für alle einzutreten". Es dürfe nicht unwidersprochen stehenbleiben, dass Kolleginnen als unfähig und unprofessionell dargestellt werden, heißt es.
Hintergrund: Mit 19 Ja-Stimmen bei 13 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen hatte die Landesversammlung Niedersachsen des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) am 4. Juli in Bomlitz/Walsrode den Landesvorstand aufgefordert, „aktiv für die Einführung einer ‚Männerquote‘ bei der Vergabe von Studienplätzen der Zahnheilkunde zu werben“.
http://www.zm-online.de/home/politik/Maennerquote-findet-keinen-Zuspruch_299214.html



zm online 21.7.2015
Politik

Blaschke: "Männerquote ist diskriminierend!"

"Wir brauchen in Deutschland keine Männerquote für den Zugang zum Zahnmedizinstudium. Eine derartige Steuerung der Studienplatzvergabe ist diskriminierend und deshalb lehne ich sie ab" - sagt die FVDZ-Chefin Kerstin Blaschke - und erteilt dem Antrag der FVDZ-Landesvorsitzenden Niedersachsen eine klare Absage.
"Was wir tatsächlich brauchen, sind bessere Auswahlverfahren an den Universitäten, die sich an den Anforderungen an unseren Beruf orientieren", betont Blaschke. Die Studienplatzvergabe in Deutschland richte sich nach den Abiturnoten. Zwar hätten die Universitäten die Möglichkeit, bis zu 60 Prozent ihrer Studienplätze nach eigenen Kriterien in einem eigenständigen Auswahlverfahren zu besetzen: "Doch davon machen die wenigsten Gebrauch. Denn das ist aufwendig, kostet Geld und Zeit."
Blaschke fordert die Universitäten auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und ein geeignetes Auswahlverfahren bei der Studienplatzvergabe anzuwenden, das nicht nur die Abiturnote, sondern auch die soziale und praktische Eignung für den Zahnarztberuf berücksichtigt.

Die Politik muss die Niederlassungsbedingungen verbessern

Blaschke: "Ob die Hochschulabsolventen sich später in eigener Praxis niederlassen, hängt aus meiner Sicht weniger vom Geschlecht, sondern viel mehr von den Niederlassungsbedingungen ab. Hier ist die Politik gefordert!" Anstatt Medizinische Versorgungszentren zu fördern und die Versorgung zentral zu steuern, sollte sie die Rahmenbedingungen für freiberufliche Praxen verbessern. "Nur so bleibt die Niederlassung für die jungen Kolleginnen und Kollegen attraktiv und die Versorgung gesichert."
Hintergrund: Die FVDZ-Landesvorsitzende Annette Apel hatte am 4. Juli auf der Landesversammlung ihres Verbandes in einem - mit 19 Ja-Stimmen bei 13 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen angenommen - Antrag eine Männerquote für die Erstsemester im Fach Zahnmedizin gefordert, um den Fortbestand der freiberuflichen Zahnarztpraxis (und damit die Versorgung) sicherzustellen.
http://www.zm-online.de/home/politik/Blaschke-Maennerquote-ist-diskriminierend_299319.html?success_leserkommentare=1#1



Roflol!!!!
Hach! Ich krieg mich immer noch nicht ein!
Besser hätte der FVDZ Niedersachsen die ganzen Quoten nicht vorführen können!



Es ist soooo typisch!
Wenn in irgendeinem Bereich (z.B. MINT-Fächer, Verwaltung, Parteien, Vorstände u. Aufsichtsräte; bloß bei Bauarbeiter(inne)n, Müllwerkern, Industrietauchern, Fassadenreinigern, etc.ist von einer solchen Forderung nichts zu hören) die Frauenzahl niedrig ist, wird nach einer Frauenquote gerufen, denn allein die niedrige Zahl von Frauen in diesem Bereich belegt – zumindest nach Vertretern dieser Schnappsidee – schon und unzweifelhaft, daß Frauen in diesem Bereich diskriminiert, benachteiligt, unterdrückt würden.



Und nun gibt es einen Bereich, nämlich das Studium der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, in dem die Zahl der Männer drastisch abgenommen hat. Und zwar soweit, daß in anderen Bereichen nach einer Quote gerufen würde, weil diese Situation ja beweist, daß hier Diskriminierung herrscht!
Und nun kommt der Landesverband Niedersachsen des FVDZ (Freier Verband Deutscher Zahnärzte) auf die Idee deshalb eine MÄNNERquote zu fordern!



Doch statt das nun all die Vertreter von Quoten hier nun die gleiche Schlußfolgerung ziehen: Sehr geringe Zahl Männer = Diskriminierung, Benachteiligung und Unterdrückung von Männern => Männerquote! ist diese plötzlich „diskriminierend“! Die Quote, und auch nicht der Zustand!!!



Also, wenn Frauen, weil sie angeblich diskriminiert werden, durch eine Quote bevorzugt werden sollen, ist das in Ordnung!
Wenn das Gleiche, bei gleicher Situation, für Männern angewandt werden soll, ist es diskriminierend! Für wen? Die Männer ja wohl nicht, die sollen ja gefördert werden! Folglich ist jetzt die Quote plötzlich frauendiskriminierend!
Aha, Frauenquote ist NICHT männerdiskriminierend, Männerquote aber frauendiskriminierend!



Wunderschön wie hier endlich offensichtlich wird, daß es bei Frauenqouten garnicht um Gleichberechtigung geht, sondern um Gleichstellung, um Bevorzugung (nur aufgrund des Geschlechts), um Rosinenpickerei und Privilegierung, darum, daß frau aufgrund des Geschlechts in Positionen gehört, nicht aufgrund von Leistung und Interesse, die Männer aber weiterhin sich diese Positionen durch Leistung erarbeiten, erkämpfen müssen!



Möge dieser Vorgang weite Verbreitung finden, auf das viele endlich erkennen wes Geistes Kind hinter Geschlechterquoten steckt!

Samstag, 7. März 2015

 eigentümlich frei

Versorgungsstärkungsgesetz im Gesundheitsbereich: Planwirtschaft auf die Spitze getrieben

von Markus Werner
Die Zentralisierung der Medizin schreitet voran
06. März 2015
Gesundheitspolitik ist ein schwieriges Terrain. Die Zusammenhänge sind komplex, die verwendeten Begriffe sperrig, es ist mühevoll, die Mechanismen zu durchschauen. Noch mühevoller ist es, sie anderen verständlich zu erklären. Vielleicht ist das der Grund, dass in der öffentlichen Wahrnehmung kaum Beachtung findet, was sich derzeit unter dem Euphemismus „Versorgungsstärkungsgesetz“ für Ärzte und Patienten zusammenbraut. Korruption und Skandale im Gesundheitswesen sind plakativer, emotionalisierender und „machen Auflage“.
Dennoch lohnt vielleicht einmal ein Blick auf die Gesetzesvorlage der Großkoalitionäre, denn ihre Auswirkungen werden die medizinische Versorgung für alle spürbar verändern. Sie sind „Kassenpatient“ und haben in letzter Zeit einmal versucht, einen Facharzttermin zu bekommen? Das kann – je nachdem, wo Sie wohnen und bei welcher Fachgruppe – ganz schön knifflig sein. „Wir haben in vielen Bereichen bereits einen Ärztemangel“ , sagen die Medizinerverbände, „und ein großer Teil der ärztlichen Leistungen wird durch Budgetierung nicht bezahlt“. „Unsinn“, kontern Krankenkassen und Politik , „es gibt genügend Ärzte, die sind nur nicht da, wo sie gebraucht werden, und zudem verteilt die Ärzteschaft ihr Honorar untereinander falsch“. Was davon nun stimmt, soll uns hier zunächst einmal nicht weiter beschäftigen, aber die zunehmende Zahl von mehr oder weniger sprachmächtigen Krankenhausärzten „mit Migrationshintergrund“ an unseren Kliniken zeigt, dass es mit dem einheimischen Medizinernachwuchs offensichtlich nicht zum Besten bestellt ist. Die Politik hat jetzt für sich erkannt, dass wir – zumindest regional – einen Mangel haben. Einen Mangel an Facharztkapazitäten im ambulanten Bereich. In einem marktwirtschaftlichen System, in dem Angebot und Nachfrage Preise bestimmen, müssten jetzt die Preise für das knappe Gut („Facharztbehandlung“) steigen. In der Folge würde es lukrativer, das knappe Gut anzubieten, und schon wäre die Knappheit vorbei. Nicht so im Denkuniversum sozialistischer Gesundheitspolitiker.
Budgetierung und „Servicestellen“
Im kassenärztlichen Bereich ist die Zahl der Patienten, deren Behandlung dem Arzt vergütet wird, begrenzt.

> Gemeint sind die RLVs (Regelleistungsvolumina)

Behandelt er zu viele Patienten, erhält er dafür nichts (oder fast nichts). Das bedeutet: Ab einem bestimmten Punkt arbeitet der Arzt umsonst. Seine Kosten (Personal, Material , Strom und so weiter) laufen dabei unvermindert weiter. Dagegen erfindet die Politik als Heilmittel nun die neuen „Terminservicestellen“. Wer keinen schnellen Termin bekommt, ruft dort an und die „Servicestelle“ vermittelt ihm in Kürze einen Arzttermin binnen vier Wochen. So weit, so gut. Wie immer in der Bürokratie stellt sich natürlich die Frage: Wer bezahlt diese „Servicestellen“? Antwort: die Kassenärztlichen Vereinigungen – also die Ärzte selbst aus ihrem Honorar.

> Denn, wie ich ja schon mehrfach bemerkte: Die KVen/KZVen (Kassenärztliche/Kassenzahnärztliche Vereinigungen) werden von den Ärzten/Zahnärzten bezahlt indem von jeder Abrechnung über diese, ein prozentualer Anteil des zustehenden Honorars einbehalten wird.

Gelingt die Terminvereinbarung nicht, dann schickt Sie die „Servicestelle“ an ein Krankenhaus und Sie lassen sich dort behandeln.
Die vom Krankenhaus erbrachten Leistungen werden aus dem „Topf“ der Kassenärzte bezahlt. Das bedeutet, die ambulant tätigen Ärzte selbst bezahlen in diesem Fall Ihre Behandlung. Die Leistungen der Krankenhäuser in solchen Fällen werden alle einzeln vergütet, eine Obergrenze wie im ambulanten niedergelassenen Bereich (Budgetierung, siehe oben) gibt es nicht. Verwirrend? Machen wir es an einem Beispiel deutlich. Der Chef des Unternehmens, in dem Sie arbeiten, kommt eines Tages zu Ihnen und verkündet freudestrahlend: „Mann, Schröder ( der Name ist beliebig, setzen Sie gerne auch Ihren eigenen ein), ich habe eine gute Nachricht! Sie dürfen ab sofort jeden Tag eine Stunde länger arbeiten! Ist das nichts?“ Auf ihren fragenden Blick hin fährt er fort: „Nein, bezahlt wird diese zusätzliche Arbeit natürlich nicht. Das machen Sie doch sicher gerne umsonst, oder?“ Als Sie zögern, runzelt der Chef die Stirn: „Sie wollen nicht? Okay, Schröder, dann geben Sie bitte auf eigene Kosten eine Stellenanzeige auf. Wir werden schon jemanden finden, der die zusätzliche Arbeit macht! Der – das können sie gleich in die Anzeige reinschreiben – wird dann auch bezahlt, und zwar deutlich besser als Sie. Aber nicht von unserer Firma, nein, Schröder, Sie bezahlen den dann selbst. Von Ihrem Gehalt. Tja, das haben Sie nun davon.“ Das kommt Ihnen jetzt verrückt vor? Dann haben Sie verstanden, was beabsichtigt ist.
„Überversorgung“ und Aufkauf von Praxissitzen
Das neue Gesetz hat aber noch ein anderes „Bonbon“ für Patienten und Ärzte parat. In sogenannten „überversorgten Gebieten“ sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig freiwerdende Arztsitze aufkaufen und stillegen. Das heißt, hätte etwa Ihr Hausarzt bisher einen Nachfolger gesucht und der die Praxis dann weitergeführt, so kann es jetzt passieren, dass die Praxis einfach geschlossen wird. Pech für Ihren Hausarzt – und für Sie. „Ja, aber..“, werden Sie sagen, „war denn nicht das Problem, dass wir keine Termine bekommen? Wie soll das denn mit weniger Ärzten besser werden?“ – „Keine Sorge“, beschwichtigt die Politik, „wir wollen nur die Ärzte besser verteilen, mehr nicht. Niemand hat die Absicht, die Versorgung dadurch zu beeinträchtigen.“ Vielleicht glauben Sie das, vielleicht auch nicht. Ist Ihnen doch, obwohl Sie in einer mittelgroßen Stadt und nicht „in der Pampa“ leben, diese „Überversorgung“, wenn Sie sich um einen Arzttermin bemüht haben, noch gar nicht wirklich aufgefallen.
Überhaupt – was bedeutet das eigentlich: „Überversorgung“?
Wie in jeder Planwirtschaft gibt es auch im „Kassensystem“ dafür einen Plan. Der legt fest, wie viele Menschen in einem bestimmten Gebiet von wie vielen Ärzten welcher Fachrichtung versorgt werden sollen. Auf einen Hausarzt kommen naturgemäß weniger Einwohner (circa 1.600) als auf einen Augenarzt (circa 20.000 ) und das Ganze ist dann auch noch regional unterschiedlich festgelegt. Sind in einem Gebiet nun mehr Ärzte niedergelassen als „laut Plan“ erforderlich wären, liegt eine „Überversorgung“ vor. Diese Verhältniszahlen (Arzt/Einwohner) werden vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ festgelegt und wurden vor kurzem erst verändert. Bei manchen Fachgebieten wurde die Zahl der von einem Arzt „zu versorgenden Einwohner“ deutlich erhöht. Dadurch gibt es Bereiche, die – ohne dass ein Arzt hinzugekommen oder größere Bevölkerungsgruppen abgewandert wären – plötzlich „überversorgt“ sind. Aufgekauft werden sollen die frei werdenden Praxen dann wiederum von den Kassenärztlichen Vereinigungen, also von den Ärzten selbst. Da unklar ist, zu welchem Preis die Praxen angekauft werden, steht zu befürchten, dass darüber hinaus noch eine Teil-Enteignung der bisherigen Praxisinhaber stattfinden wird.

> Nicht zu befürchten, sondern sicher!
1. wenn die Praxis nicht weitergeführt wird entfällt für den bisherigen Praxisinhaber der Erlös des "Goodwill", also jenes Praxiswertes der nicht aus Inventar besteht, sondern aus dem Wert den die Patientenzahlen, den wirtschaftlichen Wert ausmachen. Dieser "Goodwill" ist aber ein wesentlicher Bestandteil der geplanten Alterversorgung des bisherigen Praxisinhabers. Ergo wird dem bisherigen Praxisinhaber ein Teil seines Vermögens - für das er lange und hart gearbeitet hat - geraubt!
2. Wenn die KVen/KZVen die Praxis aufkaufen (müssen) kann der Praxisinhaber sie nicht an einen Nachfolger seiner Wahl verkaufen, z.B. an den der am meisten bietet. Damit entsteht auf Seiten der KVen/KZVen ein Nachfragemonopol und sie können den Preis (der sicherlich nicht dem eigentlichen Wert entspricht) diktieren! Entweder verkauft er an die KV/KZV, oder bleibt auf der Praxis sitzen! Wieder wird dem Eigentümer ein Teil seines Eigentums gestohlen.
Das IST Enteignung durch die Hintertür! Das ist Methode DDR! Und entspricht exakt Ullas Vorstellungen! (Auch wenn Sie schon längst nicht mehr BGMin ist, ihre Ideen werden jetzt umgesetzt!)

Schwer zu durchschauen ? Was es bedeutet, machen wir uns am besten einfach noch einmal in unserer Beispielfirma klar: Sie arbeiten dort zu zehnt in Ihrer Abteilung und schaffen gemeinsam das Arbeitspensum mit viel Einsatz gerade so. Eines Tages kommt wieder der Chef vorbei, sie kennen das schon und ahnen Schlimmes. Er verkündet, die Firmenleitung habe die Arbeitsverteilung neu bewertet und das, was Sie zuvor mit zehn Mitarbeitern erledigt hätten, müssten künftig acht von Ihnen bewältigen. Nach wie vor gelte natürlich (wir erinnern uns): Überstunden werden nicht bezahlt. Zwei Plätze in der Abteilung fielen damit weg, die beiden bekämen selbstverständlich eine Abfindung in noch zu definierender Höhe, eines sei jedoch klar, diese Abfindung muss selbstverständlich von den verbleibenden Arbeitnehmern und nicht etwa von der Firma bezahlt werden. Ihnen erscheint das alles jetzt völlig verrückt? Dann können Sie davon ausgehen, auch diesen Teil gut erfasst zu haben.
Prüfpflicht und Abstrafung
Weiter soll eine „Prüfpflicht“ eingeführt werden, ob Arztpraxen „ihren Versorgungsauftrag erfüllen“. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, Ärzte, die zu wenige Patienten behandeln, mit Strafen zu belegen.

> Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Ein Arzt der zuviel arbeitet wird mit Honorarkürzung bestraft! Ein Arzt der zuwenig arbeitet wird - man ahnt es schon - mit Honorarkürzung bestraft
Das ist (planwirtschaftliche/sozialistische) Gerechtigkeit!

In unserer Firma schafft Schröder den Mehraufwand nun nicht mehr und arbeitet weniger effizient als seine Kollegen. Die sind vielleicht auch noch jünger als er. Dafür erhält er von nun an nicht nur weniger Gehalt, nein, er muss an den Chef noch zusätzlich zur Gehaltseinbuße eine „Minderleistungs-Strafgebühr“ abführen. Sie finden das nicht fair und denken, das sei arbeitsrechtlich nicht zulässig? Dann haben Sie verstanden, was bezweckt ist. Nur, leider gilt in diesem Bereich der „Freiberuflichkeit“ kein Arbeitsrecht.
Und nun?
Schröder hatte schließlich keine Lust mehr und hat gekündigt. Sie werden das verstehen. So wird auch dieses Gesetz keinen jungen Arzt dazu bewegen, sich in das immer enger werdende gängelnde Zwangskorsett der niedergelassenen Kassenmedizin zu begeben. „Freiberuflichkeit“ wird vom Lippenbekenntnis zur Farce. Der Verdruss der Mediziner, die noch im System arbeiten, wird weiter wachsen, wer kann, wird gehen, in Rente, ins Ausland oder in die Privatpraxis.
Durch die Mittelabflüsse an „Termin- Sevicestellen“ und Krankenhausvergütung, durch disziplinierende Zwangs- und Strafzahlungen wird die wirtschaftliche Situation der verbliebenen niedergelassenen Fachärzte langsam aber sicher immer schlechter werden. Man kann getrost unterstellen, dass genau dies – und nicht eine angebliche „Verbesserung der Patientenversorgung“ – politisch gewollt ist. Der Facharzt „um die Ecke“ wird ebenso langsam aber sicher verschwinden und fachärztliche Medizin bald nur noch an Kliniken und großen Versorgungszentren stattfinden. Ärzte werde nur noch Angestellte sein und damit besser steuerbar im Sinne politischer oder unternehmerischer Vorgaben. Dies wird Sie als Patienten unmittelbar betreffen. Alles wird ein gutes Stück anonymer, die Knappheit in der Versorgung wird zunehmen und auch dies ist mutmaßlich ein politisches Ziel, denn es spart schlicht Geld. So zynisch es klingt: Ein Patient, der nicht behandelt wird, ist die wirksamste Kostensenkung. Und was bleibt Ihnen zu tun? Nun, da Sie verstanden haben, wohin die Reise geht, können Sie versuchen, Einfluss zu nehmen, aber machen Sie sich nicht zu viel Hoffnung, die Große Koalition ist zu „alternativlos“, als dass Sie viel ausrichten könnten. Das Beste wird sein: Sie werden in Zukunft einfach nicht mehr krank.